Wenn
die Eule der Minerva des Lebens goldnen Baum umkreist
Über die Wirksamkeit Philosophischer Praxis
Eine Diskussionsveranstaltung unter Leitung von Dr. Christian Rabanus
Philosophie ist ihrer Grundidee nach Praxis. Schon Sokrates diskutierte mit seinen Zeitgenossen Probleme der Praxis auf dem Marktplatz – etwa die Frage, was eine gute Erziehung leisten solle, ob man ein tugendhaftes Dasein lernen könne oder was Gerechtigkeit im Staat sei. Dabei schreckte Sokrates auch nicht vor theoretischen Herausforderungen zurück. Damals wie heute bedarf es oft erst umfangreicher theoretischer Untersuchungen, um auf scheinbar leichte praktische Fragen wirklich gute Antworten geben zu können. Und: Sokrates redete nicht nur gelehrt, sondern lebte seine Rede – was ihn ja letztlich auch das Leben gekostet hat.
Philosophische Praxis, ein unter dieser Bezeichnung noch recht junger Bildungs- und Beratungsberuf, sieht sich in der sokratischen Tradition. Gegenstand der philosophischen Praxis ist das tägliche Leben, die Methodik ist (u.a.) sokratisch in dem Sinne, dass die PhilosophInnen zu einem gemeinsamen Gedankengang einladen, um lebenstheoretisch und vor allem lebenspraktisch relevante Ideen hervorzubringen. Damit wendet sich Philosophische Praxis wieder zurück zu den Anfängen des Philosophierens und unter anderem gegen den in Hegel Zitat zum Ausdruck kommenden Eindruck, dass Philosophie nur in der Rückschau auf etwas reflektieren kann – Hegel schrieb: „Wenn die Philosophie ihr Grau in Grau malt, dann ist eine Gestalt des Lebens alt geworden, und mit Grau in Grau lässt sie sich nicht verjüngen, sondern nur erkennen; die Eule der Minerva beginnt erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug.“
Philosophie zielt aber eben nicht auf die graue Theorie, wie auch Mephisto in Goethes Faust meinte, sondern auf des Lebens goldnen Baum. Den gilt es zu verstehen und dieses Verständnis gilt es praktisch wirksam werden zu lassen. So nimmt Philosophie nicht nur die Form der Phänomenologie an, sondern die der Phänopraxie.
Die
letzte
Lust
am Denken
im
laufenden Jahr
2021
soll
diesem Komplex gewidmet sein. Gerade die gegenwärtige, wieder stark
durch Covid-19 geprägte alltägliche
Lebenslage
erfordert kritisches und differenziertes Denken und dann auch
entschlossenes Handeln. Philosophische Praxis und Praxis der
Philosophie können dafür Orientierung bieten.
- Trainer/in: Christian Rabanus