Der Trost der Philosophie - Warum Philosophieren gerade auch in Krisenzeiten sinnvoll ist
Eine Diskussionsveranstaltung unter Leitung von Dr. Christian Rabanus
Als Anicius Manlius Severinus Boethius – meistens einfach nur „Boethius“ genannt – gegen Mitte der 20er-Jahre des sechsten nachchristlichen Jahrhunderts wegen Hochverrats in Pavia im Kerker saß, seinem Todesurteil und dessen Vollstreckung entgegen blickte und mit seinem Schicksal haderte, machte er sich daran, sein heute bekanntestes Werk, die Consolatio Philosophiae – zu deutsch: der Trost der Philosophie – zu schreiben. In diesem Buch liest man einen fiktiven Dialog zwischen dem gefangenen Boethius und der Philosophie, die als vornehme Dame verkörpert erscheint. In Zuge des Gesprächs wird Boethius‘ Hadern mit dem Schicksal als ein Missverständnis entlarvt. Boethius, dessen Vater schon sehr früh starb, genoss bei seinem Ziehvater eine hervorragende Bildung. Er erlangte schon früh in seinem Leben den Ruf eines exzellenten Wissenschaftlers und machte als Politiker eine steile Karriere bis an die Spitze der Verwaltung des ostgotischen Reiches unter König Theoderich dem Großen. Im Zuge einer politischen Intrige wurde er aber des Hochverrats angeklagt, zum Tode verurteilt und verbrachte mit Mitte 40 seine letzten Tage im Kerker in Pavia. Zunächst zutiefst betrübt über die Wendung, die sein Leben genommen hatte, kann er Frieden mit seinem Los machen, nachdem er im Gespräch mit der Philosophie erkannt hat, was wirklich wichtig im Leben ist – nämlich nicht das Streben nach Macht, Ruhm, Reichtum und anderen materiellen Gaben, sondern das Streben nach dem Guten, welches das einzig dauerhafte Glück bedeutet.
Ob diese Erkenntnis freilich wirklich Trost für Boethius war, ist nicht überliefert. Auf jeden Fall aber ist die Consolatio Philosophiae ein beeindruckendes Beispiel für wahrhaft existentielles Philosophieren und eines der wirkmächtigsten Bücher des Mittelalters.
Die Frage aber bleibt: Kann Philosophieren Trost spenden? Und: Was passiert eigentlich, wenn Trost gespendet wird? Ganz offensichtlich ändert Trost ja nicht die Fakten – Boethius z.B. wurde ja auch 526 tatsächlich hingerichtet, allem Trost der Philosophie zum Trotz. Aber getröstet lebt es sich in der Regel leichter – was bewirkt diese Veränderung in der Lebenswahrnehmung? Und was kann Philosophie zu einer solchen Veränderung der Lebenswahrnehmung beitragen?
Mit Lust am Denken soll nun am ersten Samstag im Juni diesen Fragen nachgegangen werden – wobei nicht zuletzt auch beleuchtet werden soll, ob nicht ganz konkret Philosophieren eine Erleichterung für das Lebens in unseren pandemischen Zeiten bringen – und wenn ja, wie dies aussehen kann.
- Teacher: Christian Rabanus